Haiti: Neun Stunden Fußmarsch bis zum rettenden Behandlungszentrum - DRK e.V.

Haiti: Neun Stunden Fußmarsch bis zum rettenden Behandlungszentrum

Erschöpft und ausgelaugt, aber auf dem Weg der Besserung liegt Jesumene auf ihrem Bett im CTC Arcahaie (Foto: Ben Depp/DRK)

Jesumene Eluis liegt geistesabwesend auf einem Klappbettchen. Sie sieht schwach aus, die Augen müde und erschöpft. Sie ist eine der Jüngsten im Behandlungszentrum von Arcahaie, in dem seit Februar jeden Tag weniger Patienten eintreffen. Die Aufklärungsarbeit des Roten Kreuzes über die Choleraerreger in verunreinigtem Wasser und vorbeugende Maßnahmen haben landesweit fast alle Städte erreicht.

Doch Jesumene lebt mit ihren Eltern in einem abgelegenen Bergdorf im Westen Haitis. Jeden Morgen holt die Mutter der Dreizehnjährigen Wasser von einer kleinen Quelle in der Nähe. Gereinigt wird das Wasser nicht. Jesumenes Eltern wissen nicht, ob es beispielsweise Cholerabakterien enthält. Am Morgen waren sie alle drei für Einkäufe in Arcahaie gewesen. Der Fußmarsch nach Hause ist lang. Ein Taxi oder TapTap kann sie nicht durch das unwegsame Berggelände bringen. Noch auf dem Weg ins Dorf zurück bekommt Jesumene plötzlich Schweißausbrüche, wird bleich, kriegt Durchfall. Geistesgegenwärtig beschließen ihre Eltern, sofort umzukehren und wieder in die Stadt zu gehen – in Arcahaie gibt es ein Behandlungszentrum. Der Weg ist lang und Jesumene muss immer wieder anhalten. Sie dehydriert zusehends. Ihre Eltern können ihr nicht helfen. Sie haben kein Wasser dabei, schon gar nicht eine Elektrolytlösung, wie sie an verschiedenen Punkten im Land und in den größeren Städten vom Roten Kreuz verteilt wird. Sie können nur eines tun: Schneller laufen und ihre Tochter abwechselnd tragen, denn die Beine des kleinen Mädchens können nicht mehr. Als die Familie nach neun Stunden Fußmarsch um 13 Uhr endlich das DRK-Cholerabehandlungszentrum in Arcahaie erreicht, steht ihnen die Verzweiflung in den Augen. "Ist es zu spät für Jesumene?" wollen sie vom Ärzteteam wissen, das bereits eine Infusion legt und das kleine Mädchen mit einer lebenswichtigen Elektrolytlösung stabilisiert. Sie kamen gerade noch rechtzeitig, erfahren die erschöpften Eltern. Jesumene wird noch einige Zeit zur Erholung benötigen und muss viel Wasser mit Nährstoffen zu sich nehmen, die sie durch die Durchfallerkrankung verloren hat. Die Cholera in Haiti ist nicht ausgemerzt, aber durchaus gebannt. Auch die abgelegenen Dörfer sind mittlerweile über die Krankheit, Ansteckungsgefahr und Vorbeugung aufgeklärt worden. Wasserfilter und Reinigungstabletten sind an die Haushalte verteilt worden. Auch in Jesumenes Dorf werden sie jetzt verwendet.
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