Am 30. August, dem Internationalen Tag der Vermissten, wird an das Schicksal der unzähligen Menschen erinnert, die in Folge bewaffneter und politisch motivierter Gewalt weltweit verschwunden sind. So zum Beispiel im Irak: Dort haben drei Jahrzehnte bewaffneter Auseinandersetzungen hunderttausende Menschen zurückgelassen, die verzweifelt nach vermissten Angehörigen suchen. Seit Beginn des Iran-Irak-Kriegs im Jahr 1980 werden diese Familien vom Suchdienst-Netzwerk des Roten Kreuzes bei der Suche nach ihren vermissten Familienmitgliedern unterstützt. Eine der Familien ist die Familie von Samira B. - Ihr half der DRK-Suchdienst.
Das Leben von Samira B.* wurde durch den Konflikt in ihrer Heimat Irak für immer verändert. Bereits im Jahr 2006 war ihr Mann zwei Mal entführt worden. Anfang 2008 wurde er erneut Opfer einer Entführung. Im Mai 2008 wurde Frau B. von einigen Männern von zu Hause abgeholt. Sie brachten sie zu einer Müllkippe. Dort sollte sie einen der verbrannten Leichname identifizieren, die dort lagen. Bei einer der nahezu unkenntlichen Leichen fanden sich Papiere ihres Mannes. Dies genügte der Miliz als Beleg dafür, dass der Ehemann eines der verbrannten Opfer war. Nach diesen Ereignissen verließ Samira B. den Irak und suchte gemeinsam mit ihren Kindern in Syrien Zuflucht. Ende 2009 kam sie dann im Rahmen der humanitären Aufnahme eines Kontingents irakischer Flüchtlinge, die in Jordanien und Syrien lebten, gemeinsam mit ihren minderjährigen Kindern nach Deutschland.Der Einsatz des DRK-Suchdienstes
Samira B. hatte nie die Hoffnung aufgegeben, dass ihr Ehemann doch noch am Leben war. Nach der Aufnahme in Deutschland stellte sie beim DRK-Suchdienst deshalb zunächst einen Suchantrag nach anderen Verwandten im Irak. Sie hatte die Hoffnung, so neue Informationen über ihren Ehemann zu erhalten. Tatsächlich erhielt sie im Frühjahr 2010 von Familienangehörigen die glückliche Nachricht, dass ihr Ehemann am Leben sei und sich in Bagdad aufhielte.Lebenszeichen
Nach Erhalt dieses Lebenszeichens unterstützte der DRK-Suchdienst die Familie B. bei dem Wunsch, die Familien in Deutschland wieder zu vereinen. Doch dieser Wunsch drohte an schier unüberwindlich scheinenden Hürden zu scheitern. Die deutschen Behörden verlangten, dass Herr B. in der Lage sein muss, seinen Lebensunterhalt ohne öffentliche Mittel zu sichern. Außerdem sollte Herr B. einfache deutsche Sprachkenntnisse nachweisen.Nach intensiver rechtlicher Beratung empfahl der DRK-Suchdienst Frau B., in Deutschland einen Antrag auf Anerkennung als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention zu stellen. Dieser Antrag hatte Erfolg. Dadurch verbesserte sich der rechtliche Status von Frau B. und ermöglichte im Mai 2011 den Ehegattennachzug – ohne Sprachnachweis und ohne Nachweis eines gesicherten Lebensunterhaltes. Samira B. konnte ihren Ehemann am Flughafen glücklich in Empfang nehmen. So schön wie dieses Wiedersehen für die Familie natürlich war, kam es bereits am Flughafen zum Zusammenbruch des Ehemanns. Die Entführungen und in diesem Zusammenhang erlittenen Folterungen und Misshandlungen haben bei ihm zu schweren posttraumatischen Belastungen geführt. Auch Samira B. leidet noch heute unter der Sorge und der Ungewissheit um ihren Ehemann. Das Verschwindenlassen hat schwere seelische Störungen bei den Eheleuten hinterlassen.
Hilfe des Roten Kreuzes
Es gibt viele Gründe, warum Menschen infolge von Kampfhandlungen oder politischen Unruhen vermisst werden. Sie werden bei ihrer Gefangennahme, Verhaftung oder Entführung getötet. Sie sterben in Gefangenschaft, verschwinden spurlos oder werden an geheimen Orten gefangen gehalten. Oft werden die Familien nicht einmal über eine Verhaftung informiert.Grausame Massaker, wie in Srebrenica 1995, führen zu nicht enden wollenden Vermisstenschicksalen. Die Leichname der Opfer werden meist versteckt, in Massengräbern verscharrt oder sogar vernichtet. Vertriebene und Flüchtlinge sowie die Bevölkerung in besetzten Gebieten sind oft nicht in der Lage, in Kontakt mit ihren Angehörigen zu treten.
Das in bewaffneten Konflikten anzuwendende internationale Recht, das sogenannte Humanitäre Völkerrecht, gibt den Familien das Recht auf Auskunft über das Schicksal der Vermissten.
Die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung nimmt über ihr weltweites Suchdienstnetzwerk bestehend aus 186 nationalen Gesellschaften und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz jedes Jahr mehrere Tausend Suchanträge nach vermissten Personen entgegen. Angehörige, die in Deutschland leben, wenden sich mit ihrem Suchanliegen an den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes, unabhängig davon in welchem Land der Welt sich die vermisste Person aufhalten könnte.
Weitere Informationen zur Arbeit des DRK-Suchdienstes erhalten Sie hier:
<link http: www.drk-suchdienst.de external-link>DRK-Suchdienst
Weitere Links zum Thema:
<link http: www.icrc.org external-link>Internationales Komitee vom Roten Kreuz
*Name von der Red. geändert