Weltflüchtlingstag: Ein Blick auf die nackten Tatsachen der humanitären Hilfe

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Nordafrika, Syrien, Sudan: In vielen Ländern der Welt flüchten Menschen aufgrund von Konflikten. Mit dem Weltflüchtlingstag wird deutlich gemacht, dass mehrere Millionen Menschen weltweit in Asyl leben, auf der Flucht sind oder gerade in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Vielen von ihnen leben in der Schwebe - ohne Heimat, ohne Lebensgrundlage, ohne die Rechte, die ihnen zustehen.

Der Anruf kam um 10.30 Uhr am 2. Juni. Ein Boot mit rund 800 Menschen auf der Flucht aus Libyen war gerade vor der Küste von Tunesien auseinander gebrochen. 600 Menschen benötigten dringend Obdach und medizinische Versorgung. Der Rest der Personen an Bord war vermutlich ertrunken.

Das waren die nackten Tatsachen. Die Wirklichkeit, wie immer, war viel komplizierter

Man hatte gerade begonnen die Aktivitäten im Al Hayet Übergangslager in der Nähe von Ras Jdir an der Grenze zu Libyen, schrittweise zurückzufahren. Das im März vom Tunesischen Roten Halbmond (TRH) und der Internationalen Föderation der Rotkreuz-und Rothalbmondgesellschaften (IFRK) gegründete Auffanglager hatte zuletzt kaum noch Flüchtlinge beherbergt, auch die hier Gestrandeten waren in ihre Länder weitervermittelt worden.

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Die meisten der 90 Freiwilligen des TRH hatten in der vergangenen Woche wegen einer Verschlechterung der Sicherheitslage das Camp verlassen. Sie waren das Rückgrat des Lagerbetriebs, hatten grundlegende Aufgaben übernommen wie die Registrierung der Flüchtlinge, die Hilfsgüterverteilung, Gesundheitsversorgung, psychologische Unterstützung und waren allgemeiner Ansprechpartner für die Lagerbewohner. Seitdem wurde das Lager mit einigen wenigen Delegierten und ein paar Freiwilligen betrieben.

In diesen Situationen nein zu sagen, ist einfach keine Option

Die Überlebenden wurden im Laufe der folgenden zwei Tage aufgenommen. Bis zum Ende des 4. Juni war die Bevölkerungszahl des Lagers von 203 Personen auf über Tausend gesprungen, darunter viele Familien, unbegleitete Minderjährige, ein drei Monate altes Baby.

Dies waren die grundlegenden Statistiken. Die Wirklichkeit, wie immer, war viel härter

Abdallah Abdayya, Delegierter der Föderation sagt "Die Überlebenden waren nur mit ihren Kleidern am Leib aufgefunden worden. Sie hatten all ihre Habseligkeiten, ihre Ausweispapiere, ihr Geld verloren. Sie hatten Schreckliches erlebt. Sie waren in einem Schockzustand. " Die Rotkreuz-Teams sammelten. Kleidung wurde gefunden, Erste Hilfe geleistet, zusätzliche Zelte errichtet.

Dies waren die Grundlagen. Die Bedürfnisse waren jedoch weitaus größer

Tatsächlich stellte sich bald heraus, dass viele der Überlebenden schwer traumatisiert waren. Partnerorganisationen reagierten auf den Hilferuf der Föderation und schickten sofort Psychologen. Das Rotkreuz-Team richtete zudem einen Suchdienst ein.

Die Geschichte, die langsam ans Licht kam, ist unvorstellbar düster: Ein überladenes Boot, das sich auf dem Meer verirrt hatte, mit zu vielen Menschen an Bord, die ohne ausreichend Nahrung und Wasser fünf lange Tage und Nächte lang zusammengepfercht waren; Spannungen entstanden, Missverständnisse kamen auf, Animositäten brodelten hoch, bis das Schiff schließlich auf einer Sandbank auflief und auseinanderbrach.

Dies sind nur die Worte. Die Realität war jedoch eine Reihe von persönlichen Tragödien

Fast ein Viertel der Personen an Bord sind vermutlich auf See umgekommen. Die anderen wurden gerettet von tunesischen Fischern und der nationalen Küstenwache. Ehemänner, die nicht in der Lage waren, ihre Frauen zu retten - Frauen, die ihre Ehemänner hatten untergehen sehen - Eltern, die ihre Kinder verloren hatten und Kinder, die ihre Eltern verloren hatten. Zusammen mit einigen glücklicheren Einzelnen und Familien, die überlebt hatten, landeten sie alle letztlich im Al Hayet Auffanglager des Tunesischen Roten Halbmondes und der Föderation der Rotkreuz- und Halbmond-Gesellschaften.

Noch Tage später warten sie geduldig. Auf Nachrichten von Verletzten, auf die Bestätigung der Todesfälle, auf das, was die Zukunft bringen mag. Für manche ist es einfach Warten auf die Weitereise in ihre Herkunftsländer. Für andere, die seit Jahrzehnten in Libyen gelebt und gearbeitet hatten, Unternehmen geführt oder studiert hatten, dort aufgewachsen waren - ist die Situation komplizierter.

Und so warten sie im Durchgangslager auf jemanden, der sich ihrer annimmt und zu Hilfe kommt. Dies sind die Unsicherheiten, mit denen sie jetzt leben müssen. Die Realität passt leider nie exakt in eine Schublade.

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Aufmunterung für die traumatisierten Überlebenden des Bootunglücks vor Tunesiens Küste. (Foto: Kate Nielsen/Danish RC)
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