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Philippinen: Daten, die Leben retten können – Freiwillige helfen bei der Erstellung von Karten

Rotkreuz-Freiwillige mit roten Regenschirmen auf Fußweg

Die Philippinen sind oft von verheerenden Naturkatastrophen betroffen. Taifune und Überschwemmungen bedrohen Existenzen. Dank der Missing-Maps-Initiative arbeiten Ehrenamtliche in Deutschland und auf den Philippinen gemeinsam an besseren Frühwarn- und Katastrophenschutzmaßnahmen. Vom heimischen Laptop aus kartografieren wir hier bei uns anhand von Satellitenbildern die bedrohten Stadtteile auf den Philippinen. Und dort in Asien, z.B. in der Stadt Butuan, waren junge Freiwillige des Philippinischen Roten Kreuzes unterwegs, um weitere Informationen zu erfassen. Die so gemeinsam erfassten Daten könnten schon bald Leben retten.

Hintergrund

Vorausschauende Humanitäre Hilfe braucht gute Daten

Mann an PC mit Kartenmaterial
Ehrenamt per Laptop: Kartografieren am eigenen Rechner

Das DRK unterstützt derzeit das Philippinische Rote Kreuz in einem Projekt zur vorausschauenden Humanitären Hilfe (Forecast-based Financing) zu Überflutungen. Daten spielen dabei eine wichtige Rolle, unter anderem auch wenn es um die Festlegung der nötigen Maßnahmen geht. Eine der ausgewählten Maßnahmen, die im Frühwarnprotokoll festgelegt wurde, sieht die temporäre Umsiedlung kleiner Geschäfte im urbanen Raum vor. Dies sichert zum einen die Lebensgrundlage der Ladenbesitzer*innen, zum anderen hilft es auch dabei, einen potentiellen Zusammenbruch des Marktes während einer Überflutung abzuwenden.

Missing Maps ist ein Projekt mehrerer Organisationen. Da nicht überall auf der Welt gutes Kartenmaterial vorhanden und verfügbar ist, hat sich Missing Maps der Aufgabe verschrieben, mittels der Open-Source Plattform OpenStreetMap, die Gebiete der Erde zu kartieren, schon bevor sich eine Katastrophe ereignet. Missing Maps findet daher auch Anwendung in der vorausschauenden Humanitären Hilfe. Seit 2014 haben fast 100.000 Freiwillige im Rahmen von Missing Maps schon über 45 Millionen Gebäude und mehr als 1 Millionen Kilometer Straße erfasst. Gegründet wurde es 2014 vom Amerikanischen Roten Kreuz, dem Britischen Roten Kreuz, von Ärzte ohne Grenzen und dem Humanitarian OpenStreetMap Team. Mittlerweile umfasst das Projekt 18 Organisationen, und das DRK ist seit 2019 Mitglied.

Das DRK führt regelmäßig sogenannte Mapathons durch, in denen die Freiwilligen das Kartieren erlernen und dabei auch mehr über die internationale Arbeit des DRKs erfahren. Katharina Lorenz, Fachreferentin für Geoinformatik und Betreuerin des Missing-Maps-Projektes beim DRK sagt: „Mapathons sind eine tolle Möglichkeit, den Austausch zwischen der nationalen und internationalen Arbeit des DRK anzuregen. Alle Leute können sich bei Missing Maps in der internationalen Arbeit des DRK engagieren und das ganz von zu Hause aus, ohne dabei eine spezialisierte Ausbildung haben zu müssen. Dies ist eine neue Form um im Ehrenamt aktiv zu werden und wird sehr positiv und mit großem Interesse von den Freiwilligen aufgenommen.“

Menschen an Tisch mit PCs
Mapathon beim DRK – noch vor der Pandemie.

Besseres Kartenmaterial für gefährdete urbane Gebiete

Das hier beschriebene Projekt umfasst vier Gebiete, die der Gefahr von Überflutungen ausgesetzt sind. In jedem befinden sich dichtbesiedelte Gemeinden. Um die Datengrundlage zu verbessern, wurde in einer der Städte, Butuan City, mittels Missing Maps eine Kartierungskampagne durchgeführt.

Über einen Rahmen von vier Monaten wurde Butuan City so von mehr als 450 Freiwilligen kartiert, die der Karte mehr als 60.000 Gebäude hinzufügten. So entstand eine detaillierte Karte der Gebäudebebauungen in der Stadt, die dann in einem zweiten Schritt vor Ort weiterverarbeitet wurde.

Zwei Freiwillige an Kiosk mit Nahrungsmittel
Katharina Lorenz, Stefan Scholz, Philippinisches Rotes Kreuz

Vor Ort werden die Daten überprüft und präzisiert

Im zweiten Schritt von Missing Maps fügen lokale Freiwillige dieser Grundlagenkarte, die im ersten Schritt erstanden ist, kontextspezifische Informationen hinzu. Informationen, die hier erhoben werden, unterscheiden sich von Projekt zu Projekt und können zum Beispiel Gebäudearten, -eigenschaften, Straßennamen und -beschaffenheit umfassen, denn den Objekten in OpenStreetMap kann eine Vielzahl von Eigenschaften hinzugefügt werden, mittels eines sogenanntes Schlüssel-und-Werte-Prinzips.

Freiwillige an PC
Freiwillige bei der Schulung im Umgang mit OpenStreetMap, verschiedenen Online-Kartierungswerkzeugen und der mobilen Datenerfassung.

Um diese Datenerhebung durchzuführen, nahmen 15 Freiwillige des Philippinischen Roten Kreuzes von Agusan del Norte im Oktober 2020 an einem zweitägigen Lehrgang teil, bei dem eine Schulung im Umgang mit OpenStreetMap, verschiedenen Online-Kartierungswerkzeugen und der mobilen Datenerfassung im Vordergrund stand.

Diese neu erlernten Kenntnisse wandten die Freiwilligen dann an. Sie erfassten mittels eines Online-Fragebogens, der auf Mobiltelefonen zur Verfügung stand, in sieben der am meisten von Fluten betroffenen Barangays (kleinste Verwaltungseinheit in den Philippinen) Informationen zu kleinen Geschäften. Insgesamt wurden über 650 Befragungen in Butuan City durchgeführt, die anschließend analysiert wurden, um die Geschäfte zu identifizieren, die innerhalb der ersten 24 Stunden bis zwei Tage nach einer Aktivierung des Frühwarnprotokolls temporär umgesiedelt werden sollen. Allgemeine Informationen, wie die Beschaffenheit der Häuser, wurden in OpenStreetMap eingepflegt. Sensible Informationen verblieben in einer eigenen Datenbank.

John Louie Fabila, Fachberater für vorausschauende humanitäre Hilfe im Bereich Gefahr und Risiko-Informationen und Experte für Geoinformationssysteme, sendet eine Botschaft an die freiwilligen Kartierer*innen in Deutschland. John Louie Fabila unterstützte das FbF-Projekt auf den Philippinen von Februar 2019 bis Februar 2021 und war unter anderem auch für das Training der Freiwilligen vor Ort im Bereich der mobilen Datenerfassung verantwortlich.

Daten für humanitäre Organisationen, die eines Tages Leben retten können

Im dritten Schritt stehen diese öffentlichen Informationen nun humanitären Organisationen zur Verfügung, um Maßnahmen im Bereich der Katastrophenvorsorge zu treffen. In diesem Fall kann das Philippinische Rote Kreuz die OpenStreetMap-Daten in Verbindung mit den Informationen in der eigenen Datenbank einsetzen, um im Falle einer Aktivierung des Frühwarnprotokolls schnell und effizient von Fluten betroffene Geschäfte zu evakuieren.

Anfang 2021 wurden die Lehrgänge in zwei weiteren Städten wiederholt, um anschließend auch dort Datenerhebungen zu Geschäften durchzuführen. So konnte Schritt für Schritt die Datengrundlage verbessert werden, die den Akteuren im Falle einer Aktivierung nun zur Verfügung steht.

Text und Fotos: Katharina Lorenz, Stefan Scholz, Philippinisches Rotes Kreuz

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