Unter Einsatz des Lebens

Wenige Jahre nach der Unabhängigkeit entbrennt ein Bürgerkrieg in Nigeria. Aufgrund einer Hungerblockade kommt es in Biafra zu einer humanitären Katastrophe.

Im Juli 1967 spaltet sich die Republik Biafra, die auch das Nigerdelta mit seinen reichen Ölvorkommen umfasst, von Nigeria ab. Der Machtkampf wird von ethnischen und religiösen Konflikten überlagert. Der daraus resultierende Bürgerkrieg hat eine Hunger­ka­ta­strophe zur Folge, an der die Welt­öf­fent­lich­keit großen Anteil nimmt.

Im August und September 1968 fliegen drei DRK-Teams mit insgesamt rund dreißig Helfern nach Nigeria, vorwiegend Ärzte, Krankenpfleger, Techniker und Fahrer. Viele haben schon schwere Hilfseinsätze hinter sich, die Flut­ka­ta­strophe von Hamburg etwa liegt nur wenige Jahre zurück. Doch die Bedingungen in dem west­afri­ka­ni­schen Land sind mit Europa nicht vergleichbar.

Der Einsatz steht unter der Federführung des IKRK; auch zahlreiche andere Rotkreuz­ge­sell­schaften entsenden Hilfs­mann­schaften. Als „Tropenhilfszug“ verfügen die DRK-Teams über Lkws, Sattel­schlepper und Allrad­fahr­zeuge. Mehrere hundert Tonnen Lebensmittel sowie Medikamente warten darauf, an die hungernde Zivil­be­völ­ke­rung verteilt zu werden. Doch die logistischen Bedingungen im Kriegsgebiet sind von Anfang an extrem schwierig.

Mehrere Monate lang versuchen die Helfer alles nur Menschen­mög­liche. Sie leisten Geburtshilfe und heben Gräber aus, sie bergen Kinder aus der Frontlinie und operieren in notdürftig ausgestatteten Hospitälern. „Lange Reihen ausgezehrter, in Lumpen gehüllter, zum Teil auch nackter, bis zum Skelett abgemagerter Menschen“, beschreibt einer von ihnen die Szenerie. „Sie haben Schüsseln, Tücher, Kleiderfetzen oder auch nur Palmblätter in der Hand, um eine Handvoll Reis oder Bohnen zu erhaschen.“

Das IKRK hat mehrere Schiffe und Fracht­flug­zeuge gechartert; eines davon wird im Juni 1969 von der nigerianischen Luftwaffe abgeschossen. Mehr und mehr konfrontiert dieser Krieg die internationale Rotkreuz- und Rothalb­mond­be­we­gung mit den Grenzen ihrer Möglichkeiten. Die Genfer Konventionen werden vorsätzlich missachtet, Krankenhäuser gezielt bombardiert, Rotkreuz­de­le­gierte verhaftet. Eine geregelte Hilfsarbeit ist unter solchen Umständen nicht mehr möglich.

Im Januar 1970 kapituliert Biafra schließlich. Die Angaben über die Zahl der Opfer gehen weit auseinander. Schätzungen zufolge ist die internationale Hilfe insgesamt etwa einer Million Menschen zugutegekommen. Über zwei Millionen aber sind dennoch an Hunger gestorben.

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