· Berlin · 36/24

Pflegetag: Maßnahmen zur Neuauf­stel­lung der Pflege

DRK-Mitarbeiterin teilt Essen aus an eine Gruppe von älteren Menschen
© Willing-Holtz / DRK

Egal ob man auf die hohen Eigenanteile für zu pflegende Personen, den Arbeits­kräf­te­mangel oder die angespannte finanzielle Lage der Pfle­ge­ver­si­che­rung schaut, der Pflegebereich steht vor enormen Heraus­for­de­rungen. Es besteht Hand­lungs­be­darf und das bereits seit Jahren. Umso dringender sei es, dass nun endlich nachhaltig etwas passiere, sagt Gerda Hasselfeldt, Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) anlässlich des Deutschen Pflegetags (07./08. November 2024): „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es um die substanzielle Sicherung der pflegerischen Versorgung geht. Angehörige und pfle­ge­be­dürf­tige Menschen reduzieren Leistungen, weil sie sich diese nicht mehr leisten können und viele ambulante Pflegedienste müssen Versor­gungs­an­fragen ablehnen oder mussten schließen.“

Die Datenlage ist eindeutig: In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Zahl der pfle­ge­be­dürf­tigen Menschen auf 5,2 Millionen mehr als verdoppelt und ein weiterer Anstieg ist unausweichlich. Die Pfle­ge­ver­si­che­rung schreibt ein Milli­ar­den­de­fizit. Bis zum Jahr 2049 werden in Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt voraus­sicht­lich mindestens eine Viertelmillion Pflegekräfte fehlen. Die Eigenanteile gehen ungebremst durch die Decke, in der stationären Pflege liegen sie teilweise bereits jetzt bei über 3.000 Euro pro Monat. „Es ist offensichtlich, dass die Zeit drängt und endlich Maßnahmen ergriffen werden müssen. Die Pflege muss stärker als gesamt­ge­sell­schaft­liche Aufgabe verstanden werden und entsprechend muss gehandelt werden“, sagt DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt.  

Zur Besserung der Lage schlägt das DRK unter anderem folgende Maßnahmen vor: 

1.) Attraktivität der Pflegeberufe erhöhen 

Es braucht noch mehr Menschen, die sich für einen Job im Pflegebereich begeistern, auch um die Überlastung vieler Personen zu beenden. Entsprechend müssen die Berufe attraktiver gestaltet werden. Dazu zählen zum Beispiel mehr Freiraum für die originären Kernaufgaben, ein harmonisiertes und durchlässiges Bildungssystem in der beruflichen Pflege und eine Stärkung der Befugnisse und Kompetenzen aller Pfle­ge­fach­per­sonen. 

2.) Für kalkulierbare und bezahlbare Kosten für pfle­ge­be­dürf­tige Menschen und deren Angehörige sorgen 

Die Eigenanteile für pfle­ge­be­dürf­tige Menschen steigen von Jahr zu Jahr. Die Kosten für die Pflege sind so für viele Personen nicht nur schwer zu finanzieren, sie sind vor allem auch für jüngere Menschen unkalkulierbar. Das DRK will, dass Pfle­ge­be­dürf­tige nur noch einen festen Eigenanteil zur Finanzierung der pflegerischen Versorgung zahlen und die Selbst­be­tei­li­gung dadurch nicht nach oben offen ist („Sockel-Spitze-Tausch“). Die Pfle­ge­ver­si­che­rung und der Staat würden die darüber­hin­aus­ge­henden Kosten tragen müssen. 

3.) Bessere Unterstützung von pflegenden Angehörigen 

Bereits heute werden rund vier von fünf Pfle­ge­be­dürf­tigen in Deutschland zu Hause versorgt. Die Bedeutung der informellen Pflege wird, unweigerlich, weiter zunehmen. Hier gilt es mehr Hilfe zu leisten, um diese Leistungen anzuerkennen, auch damit zukünftig Menschen (Angehörige, Freunde, Bekannte, Ehrenamtliche) bereit sind, Personen zu Hause zu betreuen und zu pflegen. Leistungen für die Verhinderungs-, Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege müssen ausgebaut werden. Auch ehrenamtlich getragene Unter­stüt­zungs­an­ge­bote für Pfle­ge­be­dürf­tige und ihre Angehörigen müssen dringend gestärkt werden. Es sollte auf keinen Fall so sein, dass Menschen sich mit der Pflege allein gelassen fühlen. Formelle und informelle Pfle­ge­tä­tig­keiten müssen zudem besser anerkannt werden (Renten­an­sprüche etc.). Zudem gilt es die Bera­tungs­struk­turen zu verbessern und über­sicht­li­cher zu gestalten. 

4.) Für eine Stabilisierung der Pfle­ge­ver­si­che­rung sorgen 

Die Pfle­ge­ver­si­che­rung muss für 2024 ein Milli­ar­den­de­fizit ausweisen und ohne Gegenmaßnahmen ist keine Besserung in Sicht – im Gegenteil. Für das DRK steht fest: Die Kosten­stei­ge­rungen in der Pflege müssen gesamt­ge­sell­schaft­lich getragen und finanziert werden. Ziel muss eine nachhaltige Stabilisierung der Pfle­ge­ver­si­che­rung sein, dazu gilt es insbesondere die Einnahmenbasis der Pfle­ge­ver­si­che­rung zu verbreitern und systemfremde Ausgaben zu verhindern. Dazu soll unter anderem die medizinische Behand­lungs­pflege in voll­sta­ti­o­nären Pfle­ge­ein­rich­tungen durch die gesetzliche Kran­ken­ver­si­che­rung vollständig finanziert werden. Es braucht höhere Bundes­zu­schüsse aus Steuergeldern und die Erfüllung der bereits existierenden Pflicht, dass die Bundesländer höhere Inves­ti­ti­ons­kos­ten­zu­schüsse für Pfle­ge­ein­rich­tungen leisten, muss endlich durchgesetzt werden.  

5.) Entbü­ro­kra­ti­sie­rung zur Entlastung der Pflegenden 

Im Fokus der Pflege stehen die Menschen, nicht die Bürokratie. Die bürokratischen Anforderungen belasten allerdings die Mitarbeitenden und somit die adäquate pflegerische Versorgung zunehmend. Es bedarf daher einer Entbü­ro­kra­ti­sie­rung in der Pflege. Beispielsweise sollten zur Entlastung der Pfle­ge­ein­rich­tungen Melde- und Antrags­ver­fahren (Ordnungs- und Leistungsrecht) harmonisiert und nicht doppelt bzw. parallel laufen. Ein weiterer Punkt ist die Kommunikation mit Externen wie Hausärzten, Fachärzten, Therapeuten, Apotheken und Krankenkassen. Pfle­ge­fach­per­sonen kann hier eine größere Rolle zukommen. Sie sollten bestimmte Verordnungen zum Beispiel für die Versorgung von chronischen Wunden übernehmen können.  

Unterstützen Sie jetzt ein Hilfsprojekt mit Ihrer Spende