Die Krankenschwester Heike Dirschau ist für das Internationale Rote Kreuz in Bengasi im Einsatz. In einem Telefoninterview berichtete sie über ihre Arbeit im Al-Jalaa Krankenhaus, dem größten der Stadt und ihre Motivation für den Einsatz.
Frau Dirschau, wie ist der Zustand im Krankenhaus? Das Krankenhaus ist sehr gut ausgestattet und das Personal auch gut ausgebildet. Das Personal hier hat den starken Willen seine Arbeit selbst zu organisieren. Aber sie haben erkannt, dass sie Hilfe brauchen, wenn sie einen größeren Ansturm von Patienten bewältigen müssen. Was ist Ihre Aufgabe in Bengasi? Wir helfen genau dabei, das Personal auf ein großes Patientenaufkommen vorzubereiten. Meine deutschen Kollegen und ich beraten und schulen das Personal vor Ort. Die direkte Patientenversorgung übernimmt das Personal aber selbst. Erreichen viele Verletzte das Krankenhaus in Bengasi? Wir haben einige Patienten mit Schusswunden versorgt und hatten vor einigen Tagen auch ein größeres Patientenaufkommen. Das lag daran, dass die Krankenhäuser an der eigentlichen „Frontlinie“ Patienten nach Bengasi gebracht haben, um vor Ort die Krankenhäuser zu entlasten. Die Patienten waren zwar dann schon vorversorgt, aber sechs mussten sofort operiert werden, als sie hier ankamen. Wie kommen die Patienten ins Krankenhaus? Es gibt hier ein Ambulanzsystem mit einigen Rettungsfahrzeugen, aber die Fahrer sind nicht gut ausgebildet. Daher überlegen wir momentan, ob es sich nicht lohnen würde, für die Fahrer Erste Hilfe Kurse zu organisieren, damit auch sie eine Erstversorgung am Patienten leisten können. Was motiviert Sie für diese Arbeit? Warum helfen Sie dort, wo andere flüchten? Ich habe das Glück, in einem Land zu leben, in dem es ein gewisses Maß an Sicherheit gibt. Wenn das aber nicht so wäre, dann würde ich mir wünschen, dass andere Menschen auch mir helfen würden, wenn es denn nötig ist. Das gilt für mich dann auch im Umkehrschluss für andere. Für die Menschen hier ist es einfach wichtig, dass sie nicht das Gefühl haben, allein zu sein. Ich bin auch motiviert durch das, was ich erlebe, wenn ich in so einem Einsatz bin. Ich habe dafür als Krankenschwester einfach den passenden Beruf. Gibt es etwas, was Sie während dieses Einsatzes besonders beeindruckt hat? Ich kann kein Einzelbeispiel nennen, aber mir hier ist hier in Libyen wieder bewusst geworden, warum ich mit dem Roten Kreuz arbeite. Es gibt fast in jedem Land eine nationale Rotkreuz- oder Rothalbmondgesellschaft. Auch hier in Libyen hat sich gezeigt, dass man keinen besseren Kontakt und Ansprechpartner haben kann, als eine nationale Gesellschaft. Das ist auch der große Unterschied der Rotkreuzbewegung zu all den anderen Organisationen und macht unsere Arbeit so effektiv.