Die Arbeit des Deutschen Roten Kreuzes ist nach Katastrophen wie Wirbelstürmen und Überschwemmungen medial besonders präsent. Genauso wichtig wie die akute Hilfe in der Not, ist unsere Arbeit vor Eintreten einer Krisensituation. Ein Einblick in unsere Katastrophenvorsorge in Madagaskar.
Die Hauptstadt Antananarivo ist das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens im Inselstaat Madagaskar. Etwa 1,4 Millionen Menschen leben hier auf engstem Raum – die Bevölkerungsdichte ist in etwa dreimal so hoch wie in München. Eine besondere Herausforderung für die Katastrophenvorsorge, die in ganz Madagaskar dringend nötig ist. Schwere Dürren und starke Regenfälle mit verheerenden Überschwemmungen treten immer häufiger auf. Bleiben dadurch die Ernten aus, fehlt es vielen Menschen in der Folge am Nötigsten: genug zu essen.
Der Inselstaat hat etwa 30 Millionen Einwohner.
Davon leben 80 % unterhalb der Armutsgrenze.
Die Hälfte der Bevölkerung ist mangelernährt, ein Drittel ist untergewichtig.
Die Menschen hier brauchen zwar manchmal unsere technische Unterstützung und wir können ihnen Werkzeuge an die Hand geben, doch sie übernehmen selbst die Verantwortung [...] – so stelle ich mir selbstbestimmte humanitäre Hilfe in ihrer besten Form vor.
Enrique Bermejo Dotor, Projektdelegierter des Deutschen Roten Kreuzes in Antananarivo, Madagaskar
Immer mehr Menschen ziehen in die Hauptstadt oder in deren Nähe, weil sie dort Arbeit suchen. Es entstehen große Siedlungen aus einfachen Hütten. Unsere Risikoanalyse zeigt: Gerade diese Viertel sind bei Katastrophen besonders gefährdet. Die eng stehenden Holzhütten begünstigen die schnelle Ausbreitung von Feuer.
Bei starkem Regen staut sich das Wasser mit dem Abwasser der offenen Gräben. Bei diesen Überschwemmungen wird zudem das Trinkwasser verschmutzt. Für viele Menschen wird dies zur ernsten Lebens- und Gesundheitsgefahr. Gemeinsam mit unserer Schwestergesellschaft vor Ort, dem Madagassischen Roten Kreuz, führen wir beispielsweise realistische Simulationen durch, um Evakuierungen der Anwohnerinnen und Anwohner im Notfall schnell und sicher umzusetzen.
Außerdem bauen wir Versorgungsketten für Hilfsgüter auf, damit den Menschen im Ernstfall schnell geholfen werden kann.
Wir arbeiten nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“. Wir schulen zum Beispiel Mitarbeitende und Freiwillige des örtlichen Roten Kreuzes – etwa in Finanzmanagement, Logistik und Katastrophenrisikomanagement, damit sie künftig eigenständig planen und handeln können. Für die Katastrophenvorsorge ist es von besonderer Bedeutung, möglichst große Teile der Bevölkerung mit einzubeziehen.
Wenn die Betroffenen bereits vor einer Katastrophe wissen, wie sie sich selbst am besten schützen können, kann viel Leid verhindert werden. Aus diesem Grund sprechen wir mit den Menschen im Rahmen von Sensibilisierungskampagnen über Evakuierungsmaßnahmen, Hygiene, Abfall und Gesundheitsgefahren im Katastrophenfall. Bisher haben wir 63.590 Menschen damit erreicht.
Die Abhängigkeit von lokal erzeugten Lebensmitteln ist aufgrund der weitverbreiteten Armut groß. Fallen Ernten aus, hat das oft dramatische Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit. Extreme Wetterlagen treten aufgrund klimatischer Veränderungen vermehrt auf und haben katastrophale Folgen für die Menschen. So führt eine langanhaltende Dürre zu ausgetrockneten Böden, Ernteausfällen und Nahrungsmittelknappheit.
Deswegen stärken wir die Bäuerinnen und Bauern. In sechs Feldschulen trainieren sie nachhaltige und an das Klima angepasste Anbaumethoden. Zum Beispiel lernen sie, wie ihr Bestand durch den Anbau verschiedener Pflanzenarten widerstandsfähiger wird. Gleichzeitig sind die Feldschulen eine Plattform für mehr Austausch und Kooperation untereinander. Denn nichts macht so widerstandsfähig wie Zusammenhalt.