Rettungskräfte des DRK-Kreisverbands Bitburg bei einer Übung

112 – die Nummer für den Ernstfall

Eine kurze Geschichte des Rettungsdienstes zum Europäischen Tag des Notrufs am 11. Februar

Seit 1991 gilt europaweit die Notrufnummer 112. In der Bundesrepublik war sie bereits seit den siebziger Jahren gebräuchlich, und so haben die meisten Menschen sie derart verinnerlicht, als handele es sich um eine Art Lebensgesetz. Doch es war ein langer Weg zum einheitlichen Notruf; er verlief parallel zur Entwicklung des Rettungsdienstes insgesamt. Das Rote Kreuz in Deutschland war von Beginn an ein wichtiger Träger und Motor dieser Entwicklung.
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Großes Vorbild: die Wiener Freiwilligen Rettungsgesellschaft

Die ersten Notfallstationen gingen aus den Sanitätskolonnen hervor, stehenden Trupps von Helfern, die bei Unglücksfällen Erste Hilfe leisteten und den Transport von Verunglückten und Kranken übernahmen. Als wichtigstes Vorbild diente die Wiener Freiwillige Rettungsgesellschaft, die 1881 nach dem verheerenden Brand des Ringtheaters ins Leben gerufen worden war. Ein entscheidendes Element dabei war die schnellstmögliche Benachrichtigung von Helfern, so dass eine der ersten Telefonverbindungen der Stadt zwischen der Polizeidirektion und der zentralen Sanitätsstation installiert wurde. Ähnliche Einrichtungen entstanden bald auch in Deutschland, häufig getragen vom Roten Kreuz. 1894 etwa richtete München eine zentrale Unfall- und Rettungsstation ein, unter maßgeblicher Beteiligung der „freiwilligen Sanitäts-Hauptcolonne“. Der Krankenwagen, der mit Pferden des städtischen Marstalls bespannt wurde, fuhr im ersten Jahr 560 Einsätze, hinzu kamen 489 Transporte mit Trag- und Fahrbahren. Das Telefon spielte auch hier bereits eine wichtige Rolle, war die Station dadurch doch mit den diversen Unfallmeldestellen der Stadt verbunden. Die Kosten dafür schlugen jährlich mit dreihundert Mark zu Buche, mehr als für Heizung und Beleuchtung.

Erste Automobile

Ab 1905 kamen dann auch die ersten Automobile für Krankentransporte und Rettungsfahrten zum Einsatz. Ihre Zahl wuchs in den zwanziger Jahren stetig an, vermochte aber mit der Entwicklung des Straßenverkehrs kaum Schritt zu halten. Parallel wurden die Menschen auch in der Freizeit immer mobiler, so dass Bergwacht und Wasserwacht ebenfalls eine entsprechende Infrastruktur für Notfälle entwickelten.
Dieser Notrufkasten aus den sechziger Jahren ist heute im Rotkreuz-Museum im brandenburgischen Luckenwalde ausgestellt.
Dieser Notrufkasten aus den sechziger Jahren ist heute im Rotkreuz-Museum im brandenburgischen Luckenwalde ausgestellt.
Ein Bericht des Provinzialvereins vom Roten Kreuz in Kiel beschreibt das typische System jener Zeit: zahlreiche Unfallmeldestellen „in Wirtschaften, Tankstellen, Ladengeschäften, Schulen, Schlossereien“ dienten als dezentrale Anlaufpunkte. Sie waren meist Tag und Nacht besetzt und benachrichtigten je nach Notfall die nächstgelegene Unfallhilfsstelle, den nächsten Arzt, das nächste Krankenhaus, oder sie riefen einen Krankenwagen. Das Telefon war dabei längst unverzichtbar, wenn auch nicht uneingeschränkt verfügbar: „Für den Fall des Versagens des Fernsprechers und bei Fernsprechdienstschluß wird versucht, das Herbeirufen der Ersten Hilfe durch Radfahrer sicherzustellen.“

Die Zeit nach dem Krieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg lag das Rettungswesen in Deutschland am Boden. Im oberpfälzischen Neumarkt etwa musste ein von Ochsen gezogener Leiterwagen zum Krankentransport dienen, und die Ärzte begaben sich zu Pferd ins Krankenhaus. Als dann endlich ein Fahrzeug zur Verfügung stand, gab es monatlich nur fünf Liter Benzin dafür. Auch die technische Infrastruktur war in den ersten Jahren spärlich: 1949 besaßen nur acht Prozent aller Haushalte ein Telefon. So dass die bewährte Kombination aus Unfallmelde- und Unfallhilfsstellen noch bis in die sechziger Jahre hinein das Rückgrat des Rettungswesens bildete. Doch als mit dem Wirtschaftswunder auch der Straßenverkehr exponentiell zunahm und zugleich immer mehr Haushalte über ein eigenes Telefon verfügten, wurden die Forderungen nach einer Professionalisierung der Notfallhilfe immer lauter.
1969 starb der achtjährige Björn Steiger nach einem Verkehrsunfall, weil der Krankenwagen nicht schnell genug zur Stelle war. Die Eltern gründeten daraufhin eine Stiftung, die den Namen ihres Jungen trug und sich vehement für eine Reform des Rettungswesens engagierte. Durch die vereinten Bemühungen aller beteiligten Institutionen, darunter das DRK als einer der wichtigsten Akteure, wurde ein modernes Rettungssystem aufgebaut, wie es im Prinzip bis heute besteht. Die einheitliche und gebührenfreie Notfallnummer 112 wurde eingerichtet und eine flächendeckende Infrastruktur mit Rettungswachen und zentralen Leitstellen geschaffen. Die Einsatzfahrzeuge wurden mit Funksprechanlagen ausgerüstet, die medizinische und technische Schulung des Rettungspersonals immer weiter vorangetrieben. Auch die Notrufsäulen an den Schnellstraßen stammen aus dieser Zeit.

Von der Wiedervereinigung bis heute

In der DDR verlief die Entwicklung im Grundsatz ähnlich, nur dass die Zahl der privaten Fahrzeuge dort deutlich geringer war, ebenso die der privaten Telefonanschlüsse. Es galt landesweit die Notrufnummer 115. Das DRK der DDR hatte faktisch das Monopol auf den Rettungsdienst, außer in Ost-Berlin, wo das dortige Rettungsamt zuständig war. Ansonsten übernahm von 1976 an die  „Schnelle Medizinische Hilfe“ sämtliche Notfalleinsätze. Mit der Wiedervereinigung wurde dann auch die Notrufnummer vereinheitlicht. Mittlerweile gilt die 112 in fast allen europäischen Staaten. Seit 2009 soll der Europäische Tag des Notrufs die lebenswichtige Bedeutung der Notfallhilfe noch stärker zu Bewußtsein bringen. Und dafür ist der 11.2. als Datum wie geschaffen.
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