Wenn Verletzte geborgen werden, brauchen Helfende schnell verfügbare Tragehilfen.
Das Forschungsprojekt ReTranZ entwickelt den Prototyp einer innovativen Tragehilfe für das Rettungsszenario eines Massenanfalls von Verletzen in der Zivilen Verteidigung – das heißt bei einem externen Angriff auf Deutschland. Schnellstmöglich sollen dann Patientinnen und Patienten mit dieser neuen Tragehilfe in die nächste Versorgungseinrichtung oder zu einem anderen Rettungs-Transportmittel gebracht werden. Der Prototyp ist dabei für den Einsatz durch zivile Helfende aus der Bevölkerung sowie für sanitätsdienstliches Personal konzipiert.
Die Erfahrungen aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Februar 2022 sowie aus den Kriegshandlungen im Nahen Osten zeigen auf: Die Zerstörung durch Angriffe äußerer Gewalt machen herkömmliche Rettungswege teilweise unmöglich. Blockierte Straßen, zusammengebrochene Brücken und unpassierbare Wege zwingen zu gefährlichen Umwegen oder eher primitiven Transportmitteln. Krankenwagen erreichen Verletzte nicht oder werden selbst zu Angriffszielen. Verletzte werden unter widrigsten Bedingungen ungesichert und improvisiert transportiert – zum Beispiel in Bettlaken oder Schubkarren. Dies kann nicht nur zusätzliche Schäden bei den Verletzten verursachen, sondern auch die Helfenden zusätzlich in Gefahr bringen.
Um Deutschland auf Rettungsszenarien in der Zivilen Verteidigung bestmöglich vorzubereiten, entwickelt ReTranZ eine innovative Tragehilfe, die primär für die unmittelbare Nutzung durch die Zivilbevölkerung konzipiert, einfach bedienbar, biomechanisch optimiert und robust genug für den schnellen Transport in die nächste, sichere Versorgungseinrichtung ist.
In ReTranZ übernimmt das DRK die wissenschaftliche Fundierung der Tragehilfe durch systematische Literaturrecherchen und Analysen bestehender Systeme. Dabei werden unter anderem Übersichten des aktuellen Forschungsstands zu geländespezifischen Gegebenheiten im Spannungs- und Verteidigungsfall sowie den Anforderungen an ein praktisches Trage- und Transportsystem erstellt. Aus diesen Vorarbeiten leitet das DRK einen detaillierten Merkmalkatalog ab, der als Orientierung für empirische Parcourstests herkömmlicher Systeme sowie des neuen Prototyps dient.
Das DRK interviewt zudem Fachleute aus Zivil- und Katastrophenschutz sowie leitendes Sanitätspersonal der Bundeswehr. Das Fachwissen dieser Expertinnen und Experten fließt ebenfalls in die Entwicklung der innovativen Tragehilfe ein. So fungiert das DRK in ReTranZ als Brücke zwischen wissenschaftlicher Forschung und operativer Realität.
Als etablierte Organisation im Bevölkerungsschutz engagiert sich das DRK auch in der Verbreitungs- und Öffentlichkeitsarbeit von ReTranZ. Dies umfasst die Kommunikation des Projekts in Zivilschutz-Fachgremien und -Magazinen, auf Messen und Konferenzen sowie wissenschaftliche Publikationen. Auch die kommunikative Vorarbeit für die spätere Integration des Systems in bewährte Rettungsstrukturen übernimmt das DRK.
Laufzeit: 01/2025 – 12/2026
Projektpartner: Bayrisches Rotes Kreuz (Konsortialführung), Universitätsklinik Würzburg, Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technischen Trendanalysen (INT), Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Stollenwerk GmbH
Assoziierte Partner: Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut (EMI); Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)
Mittelgeber: Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)
ReTranZ nimmt Bezug auf die vom DRK identifizierten Handlungsnotwendigkeiten „Stärkung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung“, „Verbesserte Einbindung spontaner Hilfsangebote im Katastrophenschutz“ und „Vulnerable Gruppen in Krisen und Katastrophen“.
Im Juli 2025 wurde der erste umfassende Parcours-Test herkömmlicher Tragesysteme für den Verletztentransport im Steinbruch Muschelgrund bei Bad Neustadt an der Saale durchgeführt. Damit hat das Projekt ReTranZ einen wichtigen Meilenstein erreicht. 80 Einsatzkräfte aus verschiedenen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben sowie der Bundeswehr testeten ihre Transportsysteme unter realistischen Zivilschutz-Bedingungen in gemischten Teams. Neben der Bundeswehr nahmen teil: DRK-Bereitschaften, DRK-Wasserwacht, DRK-Bergwacht, Technisches Hilfswerk (THW) und lokale Feuerwehr sowie Einheiten der Medical Task Force (MTF). Der anspruchsvolle Parcours simulierte typische Herausforderungen im Spannungs- und Verteidigungsfall mit Stationen auf Geröll, in Engstellen, Hanglagen und Schlamm. Die systematische Evaluation aller getesteten Systeme liefert wertvolle Erkenntnisse, die direkt in die Weiterentwicklung der neuen Tragehilfe einfließen.
In diesem Video fasst Dr. Carolin Saltzmann, Sachgebietsleiterin Sicherheitsforschung im DRK-Generalsekretariat, das Wichtigste rund um den Parcours-Test zusammen.
Dr. Nils Geib
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Sicherheitsforschung & Innovationstransfer
n.geib(at)drk(dot)de