Wie bist du zum Ehrenamt beim DRK gekommen?
Ehrenamtliches Engagement hat schon immer eine große Rolle in meinem Leben gespielt. 1981 übernahm ich die Protokollführung für den Arbeitskreis “Suchtkrankenhilfe” im Odenwaldkreis (Hessen). Ich bin zum DRK gekommen, weil das DRK Träger einer geplanten Jugend- und Drogenberatungsstelle wurde.
Ab 1985 war ich hauptamtlich als Verwaltungsfachangestellte in dieser Beratungsstelle tätig. Da ich viele Jahre bei den Anonymen Alkoholikern war, habe ich das Angebot bekommen, Selbsthilfegruppen ins Leben zu rufen. Über die Jahre wurde daraus quasi ein DRK-Selbsthilfezentrum, welches ich neben meinem Hauptamt ehrenamtlich begleitete.
Warum wurdest du mit der Dankmedaille ausgezeichnet?
Die Selbsthilfeangebote gehen über Suchtkrankheiten hinaus und haben sich zu einem Netzwerk entwickelt. Seit den späten 1990er Jahren hat Selbsthilfe einen höheren Stellenwert. So wurde ich 1999 zur Bundes- und Landesverbandssprecherin der Suchtselbsthilfegruppen im DRK gewählt. Meine Auszeichnung mit der Dankmedaille würdigt mein jahrzehntelanges Engagement für die Selbsthilfe und die nachhaltige Entwicklung von Unterstützungsangeboten für Betroffene und deren Angehörige.
Mittlerweile gibt es ein breites Spektrum an Angeboten im Odenwaldkreis, und vor Kurzem gründeten wir eine Selbsthilfegruppe für Eltern autistischer Kinder. Zu unserem Angebot zählen:
- Menschen mit Depressionen, Essstörungen, Kaufsucht
- Gesprächskreise für Trauernde
- Angehörigengruppen
- Angebote für Menschen mit Krebserkrankungen oder Long-Covid
- Informationsgruppe zur seelischen Gesundheit
- Sorgentelefon für Angehörige von Menschen mit Suchtproblemen
- Selbsthilfegruppe für Eltern autistischer Kinder
Was bedeutet dir dein Ehrenamt?
Mein Ehrenamt ist für mich eine Herzensangelegenheit und ein fester Bestandteil meines Lebens. Es erfüllt mich mit großer Freude und Dankbarkeit, Menschen in schwierigen Lebenslagen unterstützen zu können. Zu sehen, wie Betroffene durch die Gemeinschaft in den Selbsthilfegruppen neue Hoffnung schöpfen, sich gegenseitig stärken und ihren Weg gehen, ist für mich unbezahlbar.
Jede Begegnung, jedes Gespräch und jeder noch so kleine Fortschritt eines Menschen zeigen mir, wie wertvoll diese Arbeit ist. Ich bin dankbar, dass ich dieses Ehrenamt seit so vielen Jahren ausüben darf und bis heute Menschen auf ihrem Weg begleiten kann. Es ist ein Geben und Nehmen. Ich schenke Zeit, Aufmerksamkeit und Unterstützung, doch ich bekomme ebenso viel zurück: Vertrauen, berührende Geschichten und die Gewissheit, dass gelebte Solidarität und Mitmenschlichkeit wirklich etwas bewirken.
Warum ist ehrenamtliches Engagement so wichtig in der Gesellschaft?
Ehrenamtliches Engagement ist eine unverzichtbare Säule unserer Gesellschaft. Es bietet Unterstützung in vielen Bereichen, die ohne freiwillige Helfer kaum zu bewältigen wären. Ob in der Sozialarbeit, im Katastrophenschutz, in der Bildung oder im Gesundheitswesen – Ehrenamtliche füllen Lücken, wo staatliche oder institutionelle Strukturen an ihre Grenzen stoßen. Jede und jeder, der hauptamtlich oder ehrenamtlich im DRK aktiv ist, trägt dazu bei, Menschen in schwierigen Lebenslagen zu unterstützen.
Dabei geht es nicht nur um praktische Hilfe, sondern auch um Menschlichkeit, Mitgefühl und gelebte Solidarität. Ehrenamtliche schenken Zeit, Aufmerksamkeit und Fürsorge, die oft weit über materielle Unterstützung hinausgehen. Sie geben Menschen in schwierigen Lebenslagen Hoffnung, stärken das Gemeinschaftsgefühl und fördern den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Doch so wertvoll und wichtig ehrenamtliche Arbeit ist, darf sie nicht als Ersatz für staatliche Verantwortung dienen! Der Staat muss weiterhin die notwendigen Strukturen und finanziellen Mittel bereitstellen. Freiwilliges Engagement verdient Anerkennung und Förderung – es darf jedoch niemals als selbstverständlich betrachtet oder als kostengünstige Alternative zu staatlicher Daseinsvorsorge missbraucht werden.